Willkommen bei 'Crash-Kids?'

Mutproben, Risikoverhalten und Selbsteinschätzung von Kindern und Jugendlichen - Echt jetzt?

Keine Mutprobe, oder? - Danke für's vorbeischauen :)

Danke für's vorbeischauen. Willkommen bei Crash-Kids. Diese Website bespricht alles zum Thema Mutproben, Risikoverhalten und Selbsteinschätzung (nicht nur) von Kindern  und Jugendlichen. Der regionale Schwerpunkt soll dabei das Ruhrgebiet mit Städten wie Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Recklinghausen oder Oberhausen sein. Die Landeshauptstadt von NRW Düsseldorf wird ebenso im Fokus stehen.  - Warum das Fragezeichen hinter 'Crash-Kids'? Nun ja, mein Job als Erziehungswissenschaftler (und Vater!) lässt mich viel über die Umwelt und die Menschen, die in ihr leben nachdenken. Vor eine gefühlten Ewigkeit, habe ich über das Thema - jetzt wird es akademisch - "Jugendspezifische Selbsteinschätzung, Mutproben und Risikoverhalten im Kinder- und Jugendalter" (oder so ähnlich) meine  Doktorarbeit geschrieben. Das Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.

Kinder und Jugendliche sind keine Crash-Kids. Mutproben gehören einfach dazu. - "Crash-Kids" gibt's im Fernsehen, bei YouTube & Co. - Die Wirklichkeit sieht anders aus. - Logisch. Diese Seite soll dabei helfen, ein wenig tiefer in die Themen Mutproben, Risikoverhalten & Co. einzutauchen. - Viel Spaß!

Das Buch zur Seite...


Mutproben bei Kindern und Jugendlichen - Risikoverhalten Starkes Auftreten - Mutproben in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Oberhausen, Recklinghausen und Düsseldorf

Dumme Mutproben?

Dumme Mutproben? - Gibt es nur selten. Die meisten erfüllen ihren Zweck und alle können sich entspannen: Die Eltern, die Sorgenfalten-Pädagogen und die, die es eh nichts angeht.

Zu checken, wie sich Mutproben und Risikoverhalten von Kindern und Jugendlichen früher und im 21. Jahrhundert darstellen, warum Jungs und Mädchen andere Mutproben eingehen und eine gesunde Selbsteinschätzung ein Großteil unseres Lebens bestimmen kann ist - meine Meinung - wirklich spannend.

Ein wenig Wissenschaft

Wir starten mit ein wenig Wissenschaft. Zuerst erzähle ich etwas über Mutproben im Allgemeinen und gebe Beispiele für Mutproben, die aktuell zu zweifelhaftem Ruhm gelangt sind.

Über die psychologische Konzepte, die erklären wollen, warum sich Kids eher über-schätzen und sich daher bei Mutproben tendenziell eher ver-schätzen, wird danach gesprochen. - Alles weitere sehen wir dann, die Seite soll fortlaufend wachsen.


Einige Texte lesen sich vielleicht nicht so fluffig, wie so mancher Artikel auf Instagram oder in der Apotheken-Rundschau, aber da müssen wir jetzt einfach mal durch. - Also, los geht's mit Mutproben, Risikoverhalten & Co.

Wer keine Lust hat - Mutproben

Wer keine Lust hat, alles zu lesen: Im Kern überschätzen sich die Kids nicht, wenn es um Mutproben geht. Sie sind reflektiert und wissen wo der Hammer hängt (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Psychologische Konzepte, wie zum Beispiel die Entwicklungspsychologie oder die Tiefenpsychologie, aber auch der gesunde Menschenverstand, wissen: Mutproben gehören zum normalen "Erwachsenwerden" dazu. Man lernt viel über sich und andere. - Basta.

Verantwortliches Umgehen mit Mutproben, Risiken und letztendlich auch mit der eigenen Gesundheit und der Gesundheit anderer Menschen, hängt häufig mit den Fähigkeiten zusammen, (komplexere) Sachverhalte zu begreifen, einordnen und bewerten zu können.

Konkret: Wenn ich nicht weiß, ob unter der Brücke von der ich springen will, Wasser ist, ist es nicht besonders schlau, es trotzdem zu versuchen. Wenn ich es aber einfach nicht verstehe, dass man sich verletzt, wenn man aus ein paar Metern auf den Boden kracht (z.B. weil ich erst gerade meinen zweiten Geburtstag gefeiert habe), ist das auch nicht so gut.

In beiden Fällen kann übrigens nicht von einer Mutprobe sprechen. Mutproben besitzen immer eine Dimension von kalkulierter Risikoabwägung. - Selbst, wenn es nur ein kurzer Augenblick ist.

Wissen, das vernünftig vermittelt wird und vom Empfänger auch kognitiv, also vom Verständnis her, verarbeitet werden kann, hilft Menschen sich nicht unnötig in übermäßige Gefahr zu bringen. Klar, es gibt noch eine Menge andere Faktoren, die eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, das Gefahrenpotenzial einer in der Planung befindlichen Mutprobe für sich zu kalkulieren und zu überlegen, wie weit man gehen möchte. Das soziale Umfeld, die finanzielle Situation, das Alter, das Geschlecht wären hier exemplarisch zu nennen.

Ich habe übrigens ein Buch über diese Thematik geschrieben. Fachbücher sind allerdings albern teuer. Eines meiner Bücher geht für 49 EUR über die Ladentheke... Der Verlag hat da das letzte Wort...

Deshalb habe ich mich entschlossen, eine kompaktere Version dieses Buches zu einem Bruchteil dieses Preises auch über Amazon laufen zu lassen. - Ich würde mich freuen, wenn Sie / Ihr dort zuschlagen würden / würdet. - Besten Dank.

So, weiter geht's mit Mutproben, die in letzter Zeit für mediale Aufmerksamkeit gesorgt haben.


Die „Skullbreaker-Challenge“

Der Bonner-Generalanzeiger berichtet am 21.02.2020 folgendes zur sogenannten „Skullbreaker-Challenge“ (Schädelbrecher-Wettbewerb):

Es stehen "drei Personen nebeneinander. Zuerst springen die linke und die rechte Person hoch. Dann animieren sie die Person in der Mitte, es ihnen gleich zu tun. Sobald dann die mittlere Person hochspringt, treten ihr die Außenstehenden gegen die Wade. Dadurch verliert die mittlere Person das Gleichgewicht, die Beine werden nach vorne gerissen. Bei der Landung schlägt die Person ungebremst mit dem Gesäß, dem Rücken oder im schlimmsten Fall mit dem Kopf auf den Boden auf."

Und weiter: "Ihren Ursprung hat das Phänomen Medienberichten zufolge auf dem chinesischen Videoportal Tik Tok. „Bei Tik Tok spielen Challenges eine wichtige Rolle und kommen häufig als Format vor“, erklärt Nadine Eikenbusch, Referentin bei der Landesanstalt für Medien NRW. „Das Skullbreaker-Beispiel zeigt, welche Gefahr von Wettbewerben ausgehen kann.“ Häufig sei das Echo darauf allerdings größer als die tatsächliche Anzahl an Videos." - Soweit der Bericht im General-Anzeiger.

Das "Ohnmachts- oder Würgespiel"

Eine ebenso lebensgefährliche Mutprobe stellt die NRZ aus gegebenen Anlass im September 2019 vor:

"An einer Bochumer Schule haben sich Schüler für eine lebensgefährliche Mutprobe gegenseitig gewürgt. Sie filmten sich dabei fürs Internet.

Eine kleine Schülergruppe hat an einer Bochumer Schule lebensgefährliche Mutproben gemacht. Beim sogenannten Ohnmachts- oder Würgespiel sollen Kinder und Jugendliche der Willy-Brandt-Gesamtschule in Bochum-Werne mit Absicht versucht haben, eine Ohnmacht herbeizuführen, um in einen Rauschzustand zu kommen. Nach Informationen eines Lesers hätten sich sechs Schüler aus der 8. Klasse gegenseitig gewürgt. ...

Jugendliche filmten die Mutprobe und stellten sie ins Netz. Bei einem früheren Versuch habe sich die Schülergruppe gefilmt. Das Video sei im Netz gelandet, so der stellvertretende Schulleiter. „Als die Schüler über die Folgen aufgeklärt wurden, haben sie überrascht reagiert. Ihnen war nicht bewusst, was dabei alles passieren kann.“ Die Jugendlichen hätten freiwillig bei der Mutprobe mitgemacht."

Soweit die Berichterstattung der NRZ vom 12.09.2019


Lebensgefährlich und teuer = uncool - Backriding

 Mutproben bei Kndern und Jugendlichen - Risikoverhalten Backriding uncool - Mutproben in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Oberhausen, Recklinghausen und Düsseldorf

Lebensgefährlich und teuer - Backriding. - Die Rheinische Post veröffentlicht auf ihrer Online-Plattform am 8. April 2019 Folgendes:

"Backriding - Polizei warnt vor lebensgefährlichem Trend. Düsseldorf: Mutproben gab es schon immer unter Jugendlichen. Aktuell macht allerdings eine gefährliche neue Form des Aufspringens auf Züge die Runde. Das kann allerdings tödlich enden.

In den vergangenen Wochen ist es im Bereich Kerpen, Düren und Stolberg vermehrt zu diesen lebensgefährlichen Aktionen von Jugendlichen gekommen. Dabei haben sich Jugendliche am Puffer des letzten Waggons eines Zuges festgehalten und sind auf diese Art mitgefahren - ein sogenannter "Backride". Wie die Polizei mitteilt, wurden zudem von diesen "Mitfahrten" Videos gedreht und Online hochgeladen. Neben der Lebensgefahr drohen den Jugendlichen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Die Bundespolizei sucht Zeugen, die solche Taten beobachtet haben. Diese können unter der kostenfreien Hotline 0800 XXX [mj] gegeben werden.

(felt)"

An alle, die sich zu solchen Mutproben berufen fühlen...

Leute, lasst den Mist bitte sein! Ende Dezember 2019 hat ein 14-Jähriger aus Gelsenkirchen eine ganze Dose Deo-Spray auf dem Schulhof eingeatmet und ist daran verstorben. - Checkt erstmal die Lage und sprecht mit einer neutralen (erwachsenen) Person, der ihr vertraut. Erwachsene wissen (bei Weitem) nicht immer alles besser, aber manchmal schon... Schaut vielleicht mal bei der BRAVO vorbei... Da gibt es ein paar nette Challenges... - Aber egal, Ihr macht das schon.

Der amtliche Düsseldorfer Kick - Mal was anderes

Der amtliche Düsseldorfer Kick. - Ein Bericht über eine interessante Mutprobe findet sich auf tripadvisor.de: "Die Mutprobe - Bewertung zu Rheinturm. Bewertet 17. September 2016

Da wollten wir, mit Kindern, einfach mal über Düsseldorf schauen. Je höher, desto besser.

Also - der Rheinturm. Der Aufzug bringt einen flott nach oben, zur Aussichtsplattform. Und man hat tatsächlich eine endlosen Blick. Bis zum Kölner Dom.

Okay, mancher Düsseldorfer wählt lieber die Nordseite. Aber dann kam die Mutprobe. Die Fenster sind schräg von unten nach oben montiert. Lehnt man sich an, hat man das Gefühl, in der Luft zu schweben. Es ist nur das Glas - zwischen Himmel und Erde. Und die Frage: Wird es halten?

Rein logisch - JA - es haben schon 100 Tausende daran gelehnt. Jedoch gefühlt ... Könnte es nicht sein, dass es ausgerechnet heute ...

Man kann auch zur Restaurantplattform fahren.

Uns haben die Kuchen sehr gut geschmeckt. Und wenn man den Kuchen 1 Stunde lang genießt, hat sich das Restaurant einmal um die eigene Achse gedreht. Erlebnisdatum: März 2016"

Logo - Auch Erwachsene gehen Risiken ein...

Logisch: Auch Erwachsene gehen Risiken ein, die den Kriterien einer Mutprobe gerecht werden. DER WESTEN meldet am 02.05.2020 um 09:26 Uhr:

"Essen: Horror-Unfall! 31-Jähriger klettert auf Mast – Stromschlag bei 15.000 Volt! War es etwa eine Mutprobe? Am späten Freitagabend kletterte ein 31-jähriger Mann einen Mast in der nähe des Essen-Werdener S-Bahnhofs hinauf und verunglückte. Wieso er hinaufkletterte, ist derzeit noch nicht klar. Mehrere Meter kletterte der Mann den Mast hinauf, doch dann kam er der 15.000 Volt führenden Oberleitung zu nahe. Wie die Feuerwehr Essen mitteilt, kam es zu einem Lichtbogen, der bei der Deutschen Bahn als Störung registriert wurde.

Der 31-Jährige erlitt einen Stromschlag und fiel etwa fünf Meter in die Tiefe, auf das Gleisbett. Ein Begleiter des Mannes alarmierte daraufhin gegen 23.05 Uhr den Rettungsdienst. Der verunglückte Mann wurde mit schweren Verletzungen in das Verbrennungszentrum des Universitätsklinikums in Bochum gebracht. ... Ob es sich dabei um eine Mutprobe handelte, oder der Mann alkoholisiert war, ist noch unklar. (mia)"


Gute Unterhaltungsliteratur zum Thema Mutproben

Gute Unterhaltungsliteratur zum Thema Mutproben...

Jugendspezifische Selbstüberschätzung?

Immer wieder kommen Kinder und Jugendliche in die Medien, wenn sie sich aufgrund einer offenbar zu riskanten Mutprobe oder eines scheinbar unreflektierten Verhaltes verletzen. Kinder, die vom Baugerüsten fallen, Jugendliche, die mit ihrem Motorroller, Motorrad oder Auto aufgrund überhöhter Geschwindigkeit verunfallen.

Immer wieder sieht man auf exponierten Online-Plattformen wie YouTube, Kids, die sich und andere absichtlich gefährden, um cool in die Kamera zu schauen und um Likes zu betteln. Gerne gehen solche Clips viral. Leute, die in den entsprechenden WhatsApp-Gruppen sind, sehen dann zu, wie Jungs sich stolz mit ihrem selbstgebauten Sylvester-Knallern zeigen, die ihnen dann eine Sekunde später die Hände zerfetzen. Oder Roof-Toppern, das sind die Jungs und Mädels, die ohne Sicherung irgendwelche Gebäude erklimmen und dann Selfies schießen, die dann aus großer Höhe abstürzen.

Auch die sogenannte „Skullbreaker-Challenge“ hat es Anfang der 2020er endlich in die Medien geschafft. - Na toll. 

Schnell ist vom jugendlichen Leichtsinn die Rede und ebenso schnell werden die alten Stereotypen von der allgemeinen Tendenz von Kinder und Jugendliche, sich selbst zu überschätzen aus der Wir-wussten-es-schon-immer-Schublade gezogen. Jeder weiß, dass diese Beispiele nicht ansatzweise die Realität widerspiegeln. Genauso, wie vielleicht jeder weiß, dass die ersehnte Spitzenplatzierung bei YouTube, vermutlich nicht derjenige ergattert, der sich aus einem halben Meter in einen Sandkasten stürzt, sondern eher der nette Roof-Topper von nebenan. - Trotzdem festigen sich die Vorurteile von den unreflektierten Kids, die Gas geben, als gäbe es kein Morgen mehr. Ob man will oder nicht: irgendetwas bleibt immer hängen, oder?

Damit es jedem klar ist: mein vielleicht salopper Tonfall hat nichts mit Respektlosigkeit gegenüber den Opfern zu tun, ganz im Gegenteil. Ich versuche lediglich recht komplexe Zusammenhänge einfach zu erklären. Verkopfte wissenschaftliche Arbeiten erfüllen ihren Zweck, aber hier brauchen wir sie gerade nicht.


Mutproben bei Kindern und Jugendlichen - Risikoverhalten Gespräch unter Freundinnen - Mutproben in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Oberhausen, Recklinghausen und Düsseldorf

Sieht es so aus? Das Jugendalter & die Selbstüberschätzung

Nun sollen zwei psychologische Ansätze vorgestellt werden, die das Risikoverhalten und eine Tendenz zur Selbstüberschätzung im Jugendalter wissenschaftlich erklären wollen: Die Entwicklungspsychologie und die Tiefenpsychologie. Wichtige Vertreter der beiden psychologischen Schulen sind der Entwicklungspsychologe Jean Piaget und der Tiefenpsychologe Sigmund Freud.

Das Jugendalter stellt eine eigenständige und elementare, richtungweisende und individuell determinierte Entwicklungs- und Reifephase des Menschen dar und ist biografisch zwischen Kindheit und Erwachsenenalter einzuordnen.

Zudem ist die Phase der Jugend in der Regel durch die sozialstaatlich gesicherte Möglichkeit gekennzeichnet, institutionalisierte Formen von Bildungs- und Ausbildungsangeboten wahrnehmen zu können. Eine Beteiligung am Erwerbsprozess ist dabei idealtypisch nicht vorgesehen. Nicht zuletzt aufgrund dieses Sachverhaltes wird das Jugendalter auch als „psycho-soziales Moratorium“, als gesellschaftlich gewährter Aufschub von Pflichten, wirtschaftlichen Zwängen und weiteren Imperativen des Erwachsenenalters beschrieben, der – in gesellschaftlich akzeptierten Grenzen – Handlungsspielräume eröffnet und Möglichkeiten des „Sich-Ausprobierens“ bietet. Die in dieser Entwicklungsphase anstehenden Entwicklungsaufgaben, die naturgemäß mit tiefgehenden elementaren physio-logischen, psychischen und psycho-sozialen Prozessen einhergehen, sind von zahlreichen Herausforderungen und Unwegsamkeiten begleitet (vgl. Brandtstädter 1985, S. 5 ff). Dass derartige Entwicklungsleistungen nicht zwangsläufig unproblematisch verlaufen müssen, scheint evident zu sein.

Insbesondere die Begriffe des „Risikoverhaltens“ und der „Selbstüberschätzung“ werden häufig miteinander in Bezug gesetzt und als jugendspezifisch beschrieben (vgl. Berger 1998, S. 416 f). 

Jugendliche überschätzen sich und ihre Fähigkeiten offenbar, scheinen zu einer überhöhten Selbstsicht zu neigen, die bis zu einer Ausblendung der konkret realen Gefahrensituation führen kann, und begeben sich, u.a. auch dadurch bedingt, häufiger in riskante Situationen. In der Regel verlaufen diese, vielfach als Mutproben gestalteten Aktivitäten, ohne weitere Folgen für die Jugendlichen und geben ihnen die Möglichkeit, eigene Grenzen auszuloten und – damit einhergehend – ein gesundes Selbstwertgefühl aufzubauen. Mitunter werden sie jedoch Opfer dieser Dynamik und gefährden sich und andere nach-haltig. Dabei sind die negativen Konsequenzen, die aus risikobezogenen Handlungsweisen resultieren können, nicht ausschließlich auf eine gesundheitliche Dimension limitiert, es lassen sich ebenso Facetten finanzieller, sozialer und ökologischer Risiken finden: „Adolescents are statistically over-represented in almost every category of risk-taking behavior” (Greene et al. 2000, S. 439).  – Als eine Ursache für diese offenbar jugendtypische Attitüde aus Risikoverhalten und Selbstüberschätzung wird das Phänomen des so genannten „jugendspezifischen Egozentrismus“ angeführt. (Quellennachweise)


Wieso Mutproben? - Noch ein wenig Wissenschaft

Wieso Mutproben? - Noch ein wenig Wissenschaft...

Im Kern wissen wir doch, dass Mutproben etwas mit "sich und anderen etwas beweisen" und "der Suche nach dem Kick" zu tun haben, oder? Ich habe hier einmal sieben Punkte herausgearbeitet, die meine Kollegen anführen, wenn sie sich über die Funktion von Mutproben Gedanken machen.

"Die Ausübung von Risikoverhalten ist für Jugendliche meist funktional. ... Die Kosten des Risikoverhaltens [treten dabei, mj] hinter den subjektiven Nutzen" (Raithel 2001a, S. 13).

Paradigmenübergreifend soll nachstehend eine Auswahl dieser funktionalen Aspekte für den Bereich der risikobezogenen Verhaltensweisen zusammengestellt werden: 

(1) Selbstbeweis: Risikobezogene Verhaltensweisen bieten Jugendlichen aus sozialpsychologischer Sicht eine Möglichkeit, über die Bewältigung riskanter Situationen und/oder die Annahme eines spezifischen, nicht mehr als „kindlich“ konnotierten Habitus, sich (und anderen) zu beweisen, was sie können, wagen und welche soziale Stellung sie im Leben im Allgemeinen, in den sozialen Bezugsgruppen im Besonderen, für sich beanspruchen. Über das Erproben ihrer Selbst, lernen Jugendliche eigene Grenzen einzuschätzen und neu zu justieren. Risikoverhaltensweisen können so ein Voranschreiten der Identitätsbildung/-findung unterstützen (vgl. van Gennep 1986). 

Das Paradigma der Entwicklungspsychologie sieht die Funktion des Selbstbeweises in einem ähnlichen Kontext: „The notion that we have special worth and importance is a healthy de-fence against the inevitable emotional and physical disappointments of life” (Elkind 1978, S. 128). Ebenso verweist die tiefenpsychologische Tradition im Bezugsrahmen der Symptomatik des Narzissmus auf eine weitere Perspektive: Das u.a. durch das Geburtstrauma konstituierte Größenselbst sucht Wege der (Selbst-) Bestätigung (vgl. Blos 1979).

In diesem Zusammenhang: Selbstbeweise bedürfen nicht zwangsläufig einer gesellschaftlichen Bühne oder sind per se als extrovertierte Handlungsweise oder Attitüde angelegt. Sie können offenbar ebenso im nicht-öffentlichen, privaten Bereich ihre funktionale „Bestimmung“ erfüllen (vgl. Limbourg et al. 2003).

(2) Aufnahme in eine Clique oder eine andere soziale Bezugsgruppe: Die erfolgreiche Bewältigung einer durch die jeweilige Gruppe meist vorgegebenen risikobezogenen Aktivität/Mutprobe, ermöglicht die intendierte Aufnahme in die für die/den Jugendliche/n bedeutsame soziale Bezugsgruppe (vgl. Raithel 2003b). 

(3) Konsolidierung der Gruppenzughörigkeit: Risikobezogene Aktivitäten unterstützen die intendierte Generierung und/oder Mehrung von Akzeptanz, Anerkennung und Respekt in der Gleichaltrigengruppe oder einer anderen bedeutsamen Bezugsgruppe. Dabei muss nicht ausschließlich die Festigung des eigenen Status in der Gruppe im Vordergrund stehen. Ebenso kann das Praktizieren einer risikobezogenen Verhaltensweise als Instrument des Aufstiegs in der Gruppenhierarchie

gewählt werden und somit zum Ausbau des Selbstwertgefühls beitragen (vgl. Raithel 2003b).

(4) Bewältigung spezifischer individueller physischer, psychischer und/oder psycho-sozialer Problemlagen oder Bewältigung von Stress: Das Erwägen, die Vorbereitung und die Praktizierung risikobezogener Verhaltensweisen und das daran anschließende Ausleben der in der Regel daraus resultierenden spezifischen und anregenden Gefühlslage, beanspruchen die Aufmerksamkeit des gesamten Organismus. Etwaige Problemlagen oder psycho-soziale Stresssituationen (vgl. Lazarus 1966) treten so in den Hintergrund, können kompensiert, sublimiert oder eliminiert werden (vgl. Schnabel 2001).

(5) Abgrenzungs-/Initiationsritual: Heranwachsenden bietet sich die Gelegenheit, sich mehr und mehr von alten Rollenzuschreibungen zu lösen. Sie können mit Hilfe entsprechend riskanter Verhaltensweisen aus dem sozial geschützten Raum des „Kindseins“ heraustreten und Dinge wagen, die ein Kind niemals wagen würde. Ehemals vertraute Attitüden, Wahrnehmungsschemata und Rituale sind nur noch „Kinderkram“ (vgl. Whiting 1962). Initiationsrituale müssen sich in auf dieser Folie nicht zwangsläufig aus Normverstößen oder bewusst gewählten gesundheitlichen Gefährdungslagen konstituieren (Diebstahl, unkonventionelle Kleidung oder Zigarettenkonsum). Sie können ebenso über gesellschaftlich tradierte und/oder akzeptierte Kanäle ihren Charakter wahren (Besitz eines Motorrollers und einer entsprechender Fahrerlaubnis, Besuch von Kinofilmen „ab 16“ oder Diskotheken) (vgl. Limbourg et al. 2003).

(6) Kompensation von biosozialen oder organischen Reizenergien: Zuckerman beschreibt in sei-nem Ansatz der Sensation-Seeking-Theory die Suche nach dem „Kick“, nach dem Bedürfnis sich riskanten oder stimulierenden Situationen zu stellen, mit dem Ziel, Gefühlen der Leere (z.B. Langeweile) entgegenzutreten, als zum Teil durch physiologische Dispositionen bedingt. Die Auslebung des Reizes vermindert dieses Apetenzverhalten und führt zu einem intrapersonalen Abbau dieses Bedürfnisses.  Die positiv belegte Auslebung dieser Disposition (Extremsportarten, Erlebnisprogramme, „harmlose“ Mutproben etc.) steht dabei der negativen (Delinquenz, lebensbedrohliche risikobezogene Verhaltensweisen) entgegen (vgl. 1979; 1994; Ruch/Zuckerman 2001). 

(7) Das evolutionär bedingte spezifische Bedürfnis des Menschen nach der Ausweitung seines (Er-)Lebensraums: Menschen bietet sich die Möglichkeit einer permanenten Suche nach sinnvollen und wertstiftenden neuen Erfahrungen. Diese Chance kann das Individuum aufgrund seines vergleichsweise nur rudimentär ausgestatteten Instinktapparates und seines damit einhergehenden/bedingten vitalen Interesses/Bedürfnisses, neue Räume für sich zu er-schließen bzw. neue Dinge zu erleben und anzueignen, wahrnehmen. Eine Form, diesem Bedürfnis nachzukommen, sind (positiv besetzte) risikobezogene Verhaltensweisen (Erlebnissportarten und -aktivitäten, die Suche nach dem „Kick“ (vgl. Warwitz 2001).  (Quellennachweise)


Was sagt die Gender-Forschung? Mädchen ungleich Junge?

Der nächste Abschnitt ist mit Vorsicht zu genießen... Mein Text nutzt ausschließlich Quellen, die quasi 20 Jahre und älter sind. Jeder darf sich hier die Frage stellen, inwiefern sich hier die Rollenbilder im Zeitalter der Generation "Diverse" und "Digital Native" verändert haben... Leute, wie die Zeit vergeht... Also: Was sagt die Gender-Forschung? - Mädchen ungleich Junge?

In geschlechtsspezifischer Sicht zeigen sich wenn es um das Thema Mutproben geht, differente Verhaltensschemata. Es kann gesagt werden: „Sobald sich Kinder über ihre Geschlechterzugehörigkeit im Klaren sind, streben sie danach, sich geschlechtsspezifische Verhaltensweisen anzueignen, um in sich ihrer Identität zu stabilisieren“ (Raithel 2001b, S. 246). Dabei neigen männliche Jugendliche mit Beginn der Pubertät eher zu nach außen gerichteten, exteriorisierten risikobezogenen Verhaltensweisen, Mädchen eher zu nach innen gerichteten, interiorisierten risikobezogenen Handlungsschemata (vgl. Helfferich 2001, S. 331). 

Jungen werden in eine Welt geboren, die immer noch „typisch“ maskuline Außendarstellungen, Imponiergehabe und sprichwörtlich „jungenhaften Streiche“ (Ziehlke 1992, S. 30) toleriert, mitunter honoriert und im Verhältnis dazu nur wenig sanktioniert (vgl. Ziehlke 1992, S. 30). „Da die männliche Geschlechterrolle gesellschaftlich höher bewertet wird als die weibliche, nehmen jungen bereitwillig die männliche Geschlechterrolle an, weil sie als Aufwertung empfunden wird“ (Raithel 2001a, S. 246).

Das große Vorbild ist die männliche Bezugsperson der Kindheit und der beginnenden Jugend: der Vater oder ein entsprechender männlicher Alias. Jungen folgen so einem internalisierten, gesellschaftlich noch weitgehend akzeptierten, männlichen Verhaltenskodex, der sie – wenn auch nur temporär – „Mann“ sein lässt, wenn sie sich vor anderen produzieren, oder besser noch, präsentieren. Dazu benötigen sie einen öffentlichen Raum der Darstellung, eine Bühne, auf der sie sich anderen zeigen. Hier ist eine von den Heranwachsenden anerkannte Instanz essentiell, welche die Beweisstellung ihrer Männlichkeit unmittelbar prüfen und verifizieren kann. Diese Instanz können unterschiedliche soziale Bezugspersonen oder -gruppen sein: die Peergroup, die Eltern oder ein Elternteil, Mädchen, Lehrer/-innen usf. Die Tatsache, dass eine Instanz als „Gerichtsbarkeit“ eingestuft wird, sagt jedoch nichts aus über die subjektive Wertschätzung, die dieser Person oder Gruppe entgegengebracht wird oder werden kann. So kann die Anerkennung und Wertschätzung

die dem Individuum durch seine Peergroup entgegengebracht wird, einen anderen Stellenwert besitzen, als die Aufmerksamkeit die dem Jugendliche durch eine risikobezogene Handlung von den Eltern oder von weiblichen Konterparts zuteil wird. Dieser Umstand korrespondiert mit jenem Konflikt, den männliche Jugendliche erst noch für sich lösen müssen: Einerseits stehen sie in der Pflicht, ein „echter“ Mann zu sein, andererseits benötigen sie auch von jenen Personengruppen Bestätigung, die auf eine spezifische Weise emotional besetzt sind oder prinzipiell besetzt sein können, es aber aufgrund der Restriktivität ihres männlichen Rollenbildes nicht mehr sein dürfen (Mädchen/junge Frauen, die Mutterperson usf.) (vgl. Ziehlke 1992, S. 29 ff).

Das heranwachsende Mädchen steht ebenso im Schatten des Patriarchats und tradierter Rollenbilder. Es orientiert sich an der scheinbar zurücknehmenden, dem Vater untergeordneten Rolle der Mutter. Es lernt, dass „damenhafte“ Zurückhaltung gesellschaftlich anerkannt wird und viele Verhaltensweisen, die Jungen leicht für sich in Anspruch nehmen können, für Mädchen (immer) noch tabuisiert sind und – wenn überhaupt – nur in geschützten, nicht öffentlichen Räumen ausgelebt werden dürfen. Auf der anderen Seite erlebt das Mädchen erstmalig eine vormals unbekannte Art der Aufmerksamkeit. Es – primär sein Körper – wird immer mehr (Sexual-) Objekt einer, unter anderem durch die Medien vermittelten „erotischen Kultur“ und muss so eine andere, neue Form ihrer Körperlichkeit mit dem oben angerissenen, tradierten Rollenbild vereinbaren (vgl. Ziehlke 1992, S. 33 ff). Dass Mädchen eher nach innen gekehrte, auf den eigenen Körper bezogene (riskante) Verhaltensweisen habitualisieren, ließe sich aufgrund dieser komplexen und ambivalenten Anforderungen erklären, die zudem noch von körperlichen, unter Umständen schambesetzten Veränderungen begleitet werden (beispielsweise das Einsetzen der Menstruation). – Ziehlke spricht hier von „äußerst hartleibigen internalisierten moralischen Prinzipien ... [die, mj] alternativen Lebensentwürfen im Wege“ stünden (Ziehlke 1992, S. 34). (Quellennachweise)


Und nun? - Kick finden und einfach hängen lassen

Ok, wir wissen nun, dass Mutproben eine coole Sache sind, um sich selbst-bewusst durch das Leben zu navigieren.

Und nun? - Wie finde ich den amtlichen Kick ohne mich und andere in wirkliche Gefahr zu bringen? Möglichkeiten gibt es viele. - Stichwort "Erlebnispädagogik". Man kann sich doch zum Beispiel einfach mal hängen lassen...

Es gibt noch viele Sachen, die wirklich Laune machen. Seid kreativ. Im Schwimmbad mal vom Turm springen (unter Aufsicht - ist klar, Wasser sollte auch im Becken sein ;), einen Fahrrad-BMX-Parcours rocken (Leute, bitte mit Helm, Schutzkleidung und unter Aufsicht) und und und...

Online- und Telefonberatung

Übrigens: Ich biete seit einigen Jahren psychologische Online- bzw. Telefonberatung an. Auch das Thema Mutproben wird oft nachgefragt. Das erste Gespräch ist natürlich kostenlos. - Versuch macht klug: 0176 7312 6700 | Praxis-Homepages: Gladbeck und Kirchhellen

Mutproben bei Kindern und Jugendlichen - Risikoverhalten sieht anders aus - in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Oberhausen, Recklinghausen und Düsseldorf

Auch mal was anderes?

Auch mal was anderes? - Viel Spaß.

Mutproben bei Kindern und Jugendlichen - Und ab geht's - Mutproben bei Jugendlichen - Mutproben in Gladbeck, Bottrop, Gelsenkirchen, Duisburg, Oberhausen, Recklinghausen und Düsseldorf

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